Netzwerkdurchsetzungsgesetz im Handelsblatt

Wir brauchen eine Gesamtstrategie gegen die Verrohung im Netz

 22.11.2018 | Das Gesetz gegen Hass im Netz muss aus unserer Sicht dringend auf den Prüfstand. In unserem Bundestagsantrag "NetzDG weiterentwickeln - Nutzerrechte stärken, Meinungsfreiheit in sozialen Netzwerken sicherstellen" bennenen wir Punkte, die geändert werden müssen. 

 

Renate Künast sagt dazu: "Während die Regierung in aller Seelenruhe die ersten Transparenzberichte nach NetzDG evaluiert, sage ich: grobe, handwerkliche Fehler des NetzDG müssen dringend nachgebessert werden. Ich fordere eine Konkretisierung des bestehenden Melde-und-Abhilfe-Verfahrens sowie eine wirksame Gesamtstrategie gegen die Verrohung des Diskurses und Einschüchterung engagierter Menschen im Netz.

Unser Antrag ist ein umfassendes Maßnahmenpaket:

1. Nutzer müssen Meldewege immer leicht finden.

2. Die Transparenzberichte der Unternehmen müssen so vergleichbar sein, dass keine monatelange und ressourcenaufwendige Evaluation nötig ist.

3. Social bots sollten immer als solche zu erkennen sein.

4. Wir brauchen ein put-back-Verfahren für zu Unrecht gelöschte Inhalte.

5. Betroffene sollen sich mit Beschwerden über Löschungen an eine Clearingstelle wenden können.

6. Betroffene brauchen schnellen und effektiven Rechtsschutz. Es kann nicht sein, dass juristisches Fachwis-sen nötig ist, um einen Inhalt zu melden.

7. Gemeinsam mit den Ländern muss ein moderner und effektiver Jugendschutz entwickelt werden.

8. Falschnachrichten dürfen kein attraktives Geschäftsmodell sein.

 

Auch wenn die EU-Kommission nicht interveniert hat: Wir wissen, dass sie das Ganze als Testballon betrachtet. Das Gesetz findet internationale Beachtung und auch unliebsame Nachahmung. Umso wichtiger ist eine ehrliche und sorgsame Auseinandersetzung mit dem, was seit einigen Jahren im Netz passiert: Die Neue Rechte nutzt modernste Strategien, um die Spaltung der Gesellschaft voranzutreiben. Die sozialen Netzwerke sind Treibstoff des Populismus: stark verkürzte Nachrichten, gezielte Falschinformation und organisierte Hasskampagnen heizen die Stimmung an. Das NetzDG ist eine Engführung dieser Debatte. Das systematische Vorgehen im Netz schürt gezielt Ängste und Emotionen. Es braucht eine gesamt-gesellschaftliche Anstrengung, um unsere Demokratie zu schützen.

Die zentrale Herausforderung an die Regierung heißt dabei: Die Balance zwischen Persönlichkeitsschutz und Meinungsfreiheit zu wahren."

 

 

Sachstand

Bereits im April 2017 hatte die grüne Bundestagsfraktion einen umfassenden Antrag 'Transparenz und Recht im Netz - "Hass-Kommentare", "Fake News" und Missbrauch von "Social Bots"' in den Deutschen Bundestag eingebracht. Vor gut einem Jahr trat das Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) in Kraft. Dieses im Schweinsgalopp durch das Parlament und handwerklich schlecht gemachte Gesetz wurde vor und nach seiner Verabschiedung massiv kritisiert. Wir hatten darum im September die führenden Expertinnen und Experten zu einem Fachgespräch der grü-nen Bundestagsfraktion geladen. Auf Basis dieser Beiträge und Debatte sowie einer intensiven Befassung mit der Materie bringt die grüne Bundestagsfraktion am 22.11.2018 einen eigenständigen und umfassenden Antrag ein: "NetzDG weiter-entwickeln – Nutzerrechte stärken, Meinungsfreiheit in sozialen Netzwerken sicherstellen.